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Ratgeber: Ertragswertverfahren – So ermitteln Sie den Ertragswert

  • Autorenbild: immohacks
    immohacks
  • 10. Sept. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 4. März

Das Ertragswertverfahren ist ein bewährtes Verfahren zur Bewertung von Immobilien, insbesondere von Renditeobjekten wie Mietshäusern und Gewerbeimmobilien. Im Gegensatz zum Vergleichswertverfahren, das sich an Verkaufspreisen vergleichbarer Immobilien orientiert, oder dem Sachwertverfahren, das die Herstellungskosten zugrunde legt, fokussiert sich das Ertragswertverfahren auf die zu erwartenden Mieteinnahmen und den daraus resultierenden Kapitalwert. In diesem Ratgeber erfahren Sie Schritt für Schritt, wie Sie den Ertragswert Ihrer Immobilie berechnen.



Hände zeigen auf eine Statistik


Grundlagen des Ertragswertverfahrens


Das Ertragswertverfahren basiert auf der Idee, den Wert einer Immobilie durch ihre zukünftigen Erträge, also Mieteinnahmen, zu bestimmen. Hierbei spielt der sogenannte Vervielfältiger eine zentrale Rolle, der die Mieteinnahmen auf den Kapitalwert der Immobilie umrechnet.


Wichtige Begriffe


  • Ertragswert: Der Wert, der sich aus den zukünftig zu erwartenden Erträgen einer Immobilie ergibt.


  • Vervielfältiger: Ein Faktor, der die Mieteinnahmen in einen Kapitalwert umwandelt.


  • Liegenschaftszins: Ein Zinssatz, der den Risiko- und Marktbedingungen entspricht und den Kapitalisierungszins für die Immobilie darstellt.


  • Bodenwert: Der Wert des Grundstücks ohne Berücksichtigung der darauf befindlichen Gebäude.


  • Nießbrauch: Das Recht, die Erträge einer Immobilie zu nutzen, ohne deren Eigentümer zu sein.


  • Wohnrecht: Das Recht, in einer Immobilie zu wohnen, ohne deren Eigentümer zu sein.


Schritt 1: Ermittlung der Mieteinnahmen


Der erste Schritt im Ertragswertverfahren besteht darin, die tatsächlichen oder zu erwartenden Mieteinnahmen der Immobilie zu ermitteln. Dabei sollten Sie die Netto-Kaltmiete zugrunde legen, also die Miete ohne Betriebs- und Heizkosten.



Angenommen, Ihre Immobilie erzielt monatlich Mieteinnahmen von 2.000 Euro. Auf das Jahr hochgerechnet ergeben sich somit Mieteinnahmen von 24.000 Euro.


Schritt 2: Abzug der Bewirtschaftungskosten


Von den jährlichen Mieteinnahmen werden die Bewirtschaftungskosten abgezogen. Diese umfassen alle laufenden Kosten, die durch den Betrieb der Immobilie entstehen, wie Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis.


Wenn die Bewirtschaftungskosten 20% der Mieteinnahmen betragen, ergeben sich bei 24.000 Euro Mieteinnahmen Bewirtschaftungskosten von 4.800 Euro. Somit bleiben 19.200 Euro Ertrag.



Schritt 3: Berechnung des Reinertrags


Der Reinertrag ist der Betrag, der nach Abzug der Bewirtschaftungskosten von den Mieteinnahmen übrig bleibt. Dieser Betrag dient als Grundlage für die weitere Berechnung des Ertragswerts.


Von den jährlichen Mieteinnahmen von 24.000 Euro werden 4.800 Euro Bewirtschaftungskosten abgezogen, wodurch ein Reinertrag von 19.200 Euro bleibt.


Schritt 4: Bestimmung des Liegenschaftszinses


Der Liegenschaftszins wird von Gutachterausschüssen festgelegt und gibt die Rendite an, die mit vergleichbaren Immobilien erzielt werden kann. Dieser Zinssatz variiert je nach Lage und Art der Immobilie.


Angenommen, der Liegenschaftszins für Ihre Immobilie beträgt 5%.


Schritt 5: Berechnung des Kapitalwerts


Der Kapitalwert wird berechnet, indem der Reinertrag durch den Liegenschaftszins geteilt wird. Diese Berechnung gibt an, wie viel Kapital man investieren müsste, um denselben Ertrag zu erzielen.


Bei einem Reinertrag von 19.200 Euro und einem Liegenschaftszins von 5% ergibt sich ein Kapitalwert von 384.000 Euro (19.200 Euro / 0,05).


Schritt 6: Ermittlung des Bodenwerts


Der Bodenwert ist der Wert des unbebauten Grundstücks. Dieser wird unabhängig vom Gebäude ermittelt und fließt in die Berechnung des gesamten Ertragswerts ein.


Angenommen, der Bodenwert Ihres Grundstücks beträgt 100.000 Euro.


Schritt 7: Berechnung des Ertragswerts

Der Ertragswert setzt sich aus dem Kapitalwert der Immobilie und dem Bodenwert zusammen.


Der Ertragswert der Immobilie ergibt sich somit aus der Summe des Kapitalwerts (384.000 Euro) und des Bodenwerts (100.000 Euro), also 484.000 Euro.



großes Gebäude


Besonderheiten und Berücksichtigung von Wohnrecht und Nießbrauch


Wohnrecht und Nießbrauch können den Ertragswert einer Immobilie beeinflussen, da sie die Nutzung und die erzielbaren Mieteinnahmen beeinflussen.


Wohnrecht


Das Wohnrecht ist ein Nutzungsrecht, das in den meisten Fällen den Wert der Immobilie mindert, da der neue Eigentümer die Immobilie nicht voll nutzen oder vermieten kann.


Nießbrauch


Der Nießbrauch ist ein umfassenderes Recht als das Wohnrecht und erlaubt dem Berechtigten, die Immobilie vollständig zu nutzen und die Erträge daraus zu ziehen. Der Wert der Immobilie wird um den Kapitalwert des Nießbrauchs gemindert.


Beispielrechnung für Nießbrauch


Angenommen, der Nießbrauchnehmer hat ein lebenslanges Nutzungsrecht und ist 70 Jahre alt. Der jährliche Ertrag beträgt 19.200 Euro, und der Vervielfältiger für eine Person dieses Alters beträgt 8. Der Kapitalwert des Nießbrauchs beträgt somit 153.600 Euro (19.200 Euro x 8). Dieser Betrag wird vom Ertragswert der Immobilie abgezogen.



Endberechnung mit Nießbrauch


Der Ertragswert der Immobilie ohne Nießbrauch beträgt 484.000 Euro. Nach Abzug des Kapitalwerts des Nießbrauchs (153.600 Euro) ergibt sich ein Ertragswert von 330.400 Euro.

Schritt-für-Schritt-Zusammenfassung


  1. Mieteinnahmen ermitteln: Jährliche Netto-Kaltmiete berechnen.


  2. Bewirtschaftungskosten abziehen: Laufende Kosten abziehen.


  3. Reinertrag berechnen: Mieteinnahmen minus Bewirtschaftungskosten.


  4. Liegenschaftszins bestimmen: Den marktüblichen Zinssatz ermitteln.


  5. Kapitalwert berechnen: Reinertrag durch Liegenschaftszins teilen.


  6. Bodenwert ermitteln: Wert des Grundstücks unabhängig vom Gebäude.


  7. Ertragswert berechnen: Kapitalwert plus Bodenwert.


  8. Wohnrecht und Nießbrauch berücksichtigen: Abzüge für Nutzungsrechte berechnen und vom Ertragswert abziehen.



Weitere Überlegungen und Kostenfaktoren


Bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens ist es wichtig, alle relevanten Kostenfaktoren und Marktbedingungen zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere:


  • Instandhaltungskosten: Diese Kosten fallen regelmäßig an und sollten realistisch geschätzt werden.


  • Verwaltungskosten: Hierzu zählen Kosten für die Verwaltung der Immobilie, zum Beispiel durch eine Hausverwaltung.


  • Mietausfallwagnis: Das Risiko, dass die Immobilie nicht durchgängig vermietet ist, sollte einkalkuliert werden.


  • Rücklagenbildung: Es ist ratsam, Rücklagen für größere Reparaturen oder Modernisierungen zu bilden.


Beispiel für Instandhaltungskosten


Angenommen, die jährlichen Instandhaltungskosten betragen 1.500 Euro. Diese Kosten müssen von den Mieteinnahmen abgezogen werden, um den Reinertrag korrekt zu ermitteln.



Paar am rechnen im Restaurant


Beispiel für Verwaltungskosten


Wenn die Verwaltungskosten jährlich 1.200 Euro betragen, müssen auch diese Kosten in die Berechnung einfließen.


Beispiel für Mietausfallwagnis


Nehmen wir an, das Mietausfallwagnis beträgt 5% der jährlichen Mieteinnahmen. Bei Mieteinnahmen von 24.000 Euro sind das 1.200 Euro.



Genauigkeit der Daten und regelmäßige Überprüfung


Die Genauigkeit der Ertragswertberechnung hängt stark von der Qualität der zugrunde liegenden Daten ab. Daher ist es wichtig, die Daten regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Veränderungen am Mietmarkt, in den Betriebskosten oder in den rechtlichen Rahmenbedingungen können den Ertragswert erheblich beeinflussen.


Marktanalysen


Regelmäßige Marktanalysen helfen dabei, den aktuellen Liegenschaftszins und die realistischen Mieteinnahmen zu bestimmen. Diese Analysen können durch Gutachterausschüsse oder professionelle Immobilienbewertungsunternehmen durchgeführt werden.


Anwendung des Ertragswertverfahrens in der Praxis


In der Praxis wird das Ertragswertverfahren häufig von Immobiliengutachtern und Bewertungsunternehmen angewendet. Auch Banken nutzen dieses Verfahren, um den Beleihungswert von Immobilien zu ermitteln. Es ist ratsam, bei der Bewertung komplexer Immobilien oder bei Unsicherheiten einen professionellen Gutachter hinzuzuziehen.


Beispiel aus der Praxis


Ein Immobiliengutachter wird beauftragt, den Ertragswert eines Mietshauses in einer Großstadt zu ermitteln. Dabei berücksichtigt er die aktuellen Mieteinnahmen, die Bewirtschaftungskosten, den Liegenschaftszins und den Bodenwert. Durch seine Marktkenntnis kann er die Daten präzise analysieren und den Ertragswert realistisch berechnen.


Ertragswert und Kapitalwert


Ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung einer Immobilie ist die Unterscheidung zwischen dem Ertragswert und dem Kapitalwert. Der Kapitalwert entspricht den diskontierten zukünftigen Erträgen der Immobilie, während der Ertragswert zusätzlich den Bodenwert einbezieht.


Beispiel für die Unterscheidung


Angenommen, der Kapitalwert einer Immobilie beträgt 300.000 Euro und der Bodenwert 100.000 Euro. Der Ertragswert der Immobilie wäre somit 400.000 Euro. Es ist wichtig, diese Unterscheidung zu kennen, da der Bodenwert als unabhängiger Wertbestandteil nicht von den Mieteinnahmen beeinflusst wird.



Um das Ertragswertverfahren in der Praxis anzuwenden, sollten Sie folgende Hinweise beachten:


  • Datenqualität: Achten Sie darauf, dass alle zugrunde liegenden Daten, wie Mieteinnahmen und Bewirtschaftungskosten, aktuell und korrekt sind.


  • Marktkenntnis: Eine gute Kenntnis des lokalen Immobilienmarktes hilft Ihnen, den richtigen Liegenschaftszins und Bodenwert zu bestimmen.


  • Berücksichtigung von Rechten: Wohnrechte und Nießbrauch können den Ertragswert erheblich beeinflussen und sollten stets berücksichtigt werden.


  • Professionelle Beratung: Bei Unsicherheiten oder komplexen Immobilienbewertungen kann es hilfreich sein, einen professionellen Immobiliengutachter hinzuzuziehen.



Das Ertragswertverfahren ist ein zentrales Instrument zur Bewertung von renditeorientierten Immobilien. Durch die Berücksichtigung der Mieteinnahmen, Bewirtschaftungskosten und Marktbedingungen bietet es eine realistische Einschätzung des Werts einer Immobilie. Indem Sie die oben beschriebenen Schritte befolgen, können Sie den Ertragswert Ihrer Immobilie präzise berechnen und fundierte Entscheidungen treffen. Denken Sie daran, dass Faktoren wie Wohnrecht und Nießbrauch den Ertragswert erheblich beeinflussen können und entsprechend berücksichtigt werden sollten. Regelmäßige Marktanalysen und die Berücksichtigung aller relevanten Kostenfaktoren sind entscheidend für eine genaue Ermittlung des Ertragswerts.

Mit diesem Wissen sind Sie gut gerüstet, um den Ertragswert Ihrer Immobilie zu berechnen und fundierte Entscheidungen auf dem Immobilienmarkt zu treffen. Nutzen Sie das Ertragswertverfahren, um eine präzise Bewertung vorzunehmen und die Wirtschaftlichkeit Ihrer Immobilieninvestitionen zu optimieren.



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